Die Jeeps haben uns bis zur Laguna Chingaza gebracht. Von diesem See in 3200m Höhe starten wir unsere Trekkingtour, steigen bis auf 3900 Meter hoch, übernachten in einer einfachen Berghütte in 3600 Meter Höhe und steigen am zweiten Tag nach San Juanito (1800m) ab. Wir bewegen uns größtenteils auf einem uralten Trail aus der Kolonialzeit, der damals als Transportroute von Choachi nach Fómeque diente, als es noch keine Straßen gab und irgendwie können wir uns heute auch wie Pioniere fühlen, denn wir sind erst die zweite Gruppe, die diesen Trail, quer durch den Chingaza Nationalpark, gehen darf und eigentlich gibt es ihn noch gar nicht. Wir, das ist ein bunt zusammengewürfelter Haufen, bestehend aus unseren zwei Wanderführern, Carlos Alfonso Avellaneda Valcárel, den alle nur Pocho nennen und und seinem Mitarbeiter Miller León, Jorge Bela, einem Blogger und Journalisten aus Kolumbien, einem weiteren Kolumbier, einer Spanierin, dem Team von Páramo aus Großbritannien und uns vier deutschen Journalisten.

Es ist gar keine Selbstverständlichkeit hier wandern zu dürfen. Der Chingaza Nationalpark wurde 1977 gegründet und ist größtenteils mit Páramo bedeckt, einem absolut schützenswerten Ökosystem. Ein Grund, weshalb maximal 40 Besucher pro Tag den Nationalpark betreten dürfen. Der Pàramo kommt vor allem in den nördlichen Anden von Südamerika zwischen 3200 und 4200 m Höhe und tropischem Klima vor und besteht aus Sträuchern, Rosettenpflanzen, Gräsern und Moosen, wie sie so sonst nirgendwo zu finden sind.

Die Landschaft ist wirklich etwas Besonderes, einfach spektakulär und ständig sich ändernd, genauso wie das Wetter. Mal scheint die Sonne, dann ziehen Nebel auf und kurze Regenschauer sorgen zusätzlich für Abwechslung. Manchmal passiert alles gleichzeitig. Von Langeweile keine Spur. Großes Kino eben, wenn man nicht so verdammt aufpassen müsste. Jeder Tritt will wohl überlegt sein.

Der Untergrund fordert die volle Konzentration. Der Weg ist ein weitgehend naturbelassener Pfad. Es geht über Stock und Stein, durch Schlamm und Morast. Ein unvorsichtiger Schritt und ich stecke bis zum Knie im Moor. Zeit die Gamaschen anzuziehen. Ich verfluche meine Vibramsohlen, die mir im Schlamm und am glitschigen Fels keinen, aber auch gar keinen Halt bieten. Und es geht nicht nur mir so. Ohne Wanderstöcke wäre ich aufgeschmissen, sie retten mich im letzten Moment vor dem ein oder anderen Sturz. Nicht immer, aber zum Glück geht jede Rutschpartie glimpflich ab.

Ziemlich am Anfang des Trails müssen wir ein Stück durch ein Moor, das uns mit jedem Schritt schmatzend empfängt. Pocho (oben im Bild beim Anlegen seiner Gamaschen), der unter anderem die ganze Tour für uns organisiert hat, lotst uns sicher hindurch und niemand muss sich Sorgen machen, als Moorleiche zu enden. Das unterstreicht natürlich, wie wichtig ein ortskundiger Führer hier ist.

Der Páramo ist auch ein riesiger natürlicher Wasserspeicher und allein das Wasser aus dem Chingaza Nationalpark deckt zu 80% den Wasserbedarf von Bogotá. Allein daran lässt sich ermessen, welche Bedeutung dieses Ökosystem hat. Allein in der Umgebung der Chingaza Lagune sind 383 Pflanzenarten registriert und Biologen gehen davon aus, dass es im Park über 2000 Pflanzenarten gibt. So sind die hier heimischen Moose wahre ökologische Meisterwerke zur Erhaltung der Luftfeuchtigkeit, sie können unglaubliche Mengen an Wasser speichern, bis zum 40fachen ihres Eigengewichts.

Typisch für die Gegend sind Rosettenpflanzen, wie die Puya clava-herculis im Bild oben, deren Blätter mit Widerhaken bestückt sind und bei der sich in der Mitte, meist erst nach Jahrzehnten, der Blütenstängel bildet. Wie wir so vor uns hinstapfen, lässt sich das Wetter immer neue Kapriolen einfallen, aber auch ein kurzer, heftiger "Schütt" lässt bei keinem von uns das breite Grinsen im Gesicht verschwinden. Wie heißt eine Redewendung so schön: "Es gibt kein schlechtes Wetter, es gibt nur falsche Kleidung."

Kleidungsmäßig sind wir deutschen Journalisten bestens ausgerüstet, was wir uns wohl erhofften, aber wenn ich ehrlich bin, und ich rede hier ausschließlich von mir, nicht so ganz glauben wollte, denn zum ersten Mal war ich auf Trekkingtour mit Regenklamotten ohne Membran unterwegs – und auch nur, weil mich das britische Unternehmen Páramo zu dieser Trekkingtour eingeladen und ausgestattet hat. Kann das gut gehen? Und wie. Noch nie zuvor habe ich erlebt, dass unter so anstrengenden Bedingungen, wie bei dieser Trekkingtour, mit 12 kg schwerem Rucksack auf dem Rücken, meine Klamotten unter der Wetterjacke trocken blieben. Verwendet wird hier das von Nikwax entwickelte Analogy Gewebesystem, das nicht nur Wasserdampf, sondern auch Flüssigkeit nach außen transportiert. Und dazu komme ich später noch. Ich vermute auch, dass der Zeitpunkt der Reise (Anfang November) ganz bewusst ausgesucht wurde, nicht die günstigste Zeit, um durch die Hochmoore des Páramo zu wandern, denn es die regenreichste.

Oberhalb der Laguna del Medio, mit einem herrlichen Panaromablick machen wir die erste richtige Wanderpause und packen unsere mitgebrachte Brotzeit aus. (Fortsetzung folgt.)

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